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Ein Interview von unserem ‚Reporter am Puls der Zeit‘

N. Minimax mit Sabine und Jörg

Sabine und Jörg, warum kommt das Virus so gewaltig zurück? Wir hatten es doch in Deutschland über Monate im Griff.

Das Virus kommt nicht zurück, es war nie weg. Es war spätestens seit Februar in Deutschland und hat sich unterschwellig sehr weit verbreiten können. Eben weil wir es im Sommer mit den Vorsichtsmaßnahmen nicht so genau genommen haben. Die Witterung hat uns geholfen, die Zahlen waren trügerisch. Warnungen gab es genug, doch sie wurden ignoriert.

Wie kann so ein Virus sich denn unbemerkt verbreiten?

Ganz einfach, dieses Virus verursacht vor allem bei jungen Menschen oft nur geringe Symptome. So kann es sich sehr effizient verbreiten, ohne wirklich bemerkt zu werden. Das wurde z.B. in den USA gezeigt. Im Bundesstaat Washington an der Westküste, konnte sich das Virus Anfang des Jahres ausbreiten, ohne aufzufallen. Erst retrospektiv konnte gezeigt werden, dass das Virus schon viel früher in die USA gekommen war als ursprünglich angenommen.

Daher sehen wir auch nicht Wuhan als Ursprungsort dieser Pandemie, dort ist sie schlicht und ergreifend explodiert. Das Virus war bereits vorher in der Gegend aktiv, nur eben unter dem Radar.

Das Virus kommt also doch nicht aus Italien?

Diese stark verkürzte Behauptung ist irreführend. Dazu müssen wir ein bisschen ausholen.

Der Ursprung des Virus liegt in China. Von dort aus hat es sich auf die ganze Welt verbreitet. Was Herr Kekulé in einer Talkshow angedeutet hat, bezog sich auf eine bestimmte Mutante des Virus, die heute weltweit am weitesten verbreitet ist. Viren mutieren ständig. Dabei passieren Fehler im Genom, die meist dazu führen, dass das Virus nicht mehr infektiös ist. Aber in seltenen Fällen kann eine solche Mutation dazu führen, dass sich das Virus besser verbreiten kann. Die Gründe dafür sind so vielfältig, wie die Mutationen: Vielleicht führen sie dazu, dass das Virus mehr Nachkommen erzeugt, oder es kann sich besser vor dem Immunsystem verstecken, oder es gelangt besser in eine Zelle, oder ist infektiöser, oder besser übertragbar…

Bei Millionen Infizierten gibt es Billionen einzelne Viren. Die schiere Anzahl führt dazu, dass seltene Mutationen auch öfter auftreten. So war das auch bei dieser Mutante, genannt D614G. Sie entstand durch einen einzigen, winzigen Lesefehler. Dies geschah ungefähr zur selben Zeit auf vier Kontinenten. Das wurde im November von einer Forschergruppe in einer der besten internationalen Fachzeitschriften gezeigt. Die Mutante scheint sich besser zu verbreiten als die ursprüngliche Variante, daher wird sie immer häufiger gefunden.

Den Ursprung jetzt ausschließlich in Italien zu verorten ist faktenfern. Dass dabei noch die chinesische Propaganda gefüttert wird, schadet ebenfalls. Alle genetischen Untersuchungen haben gezeigt, dass das Virus seinen Ursprung in China hat. Dafür kann China nichts. Trotzdem scheint das Regime dort Angst vor einem Imageschaden zu haben. Das ist auch der Grund dafür, dass sie eine internationale Untersuchungskommission erst nicht ins Land gelassen haben, und seither eher behindern, als zu unterstützen. Doch auch das schadet der internationalen Zusammenarbeit in einer Krise. Das Gesicht muss unbedingt gewahrt bleiben, diesen kulturellen Unterschied verstehen viele Europäer nicht.

Was ist Eure Meinung zu den Hilfspaketen und Maßnahmen der Bundesregierung?

Die an sich gut gemeinten Hilfspakete scheinen nur für ein paar Branchen und nur für die ganz großen Unternehmen zu gelten. Große Automobilhersteller, die Lufthansa und große Tourismusfirmen werden jeweils mit Milliarden gestützt, während der Mittelstand, der immerhin das höchste Steueraufkommen hat, vollkommen ignoriert wird. Das ist nicht nur in der jetzigen Krise schlecht, es ist auch nicht zukunftsweisend, wenn solche rückwärtsgewandten Branchen unterstützt werden, anstatt in zukunftsfähige Betriebe zu investieren.

Die aktuellen Maßnahmen wurden zu spät durchgesetzt. Die Quittung haben wir erhalten, die Intensivstationen sind schon jetzt fast voll. Die Extrawürste mancher Ministerpräsident*innen tragen weiter zu einer Verschärfung der Situation bei. Wenn über die Feiertage wieder alle Schleusen geöffnet werden, dann profitiert davon nur das Virus.

In unserem letzten Beitrag haben wir bereits einen echten Lockdown angeregt, die Lage spitzt sich weiter zu. Das ist beängstigend, die Situation kann jederzeit entgleisen. Infektionen kann man nur verhindern, nicht wieder rückgängig machen.

Unseren Aufruf möchten wir deshalb heute wiederholen, denn die weichgespülten Maßnahmen zeigen keine echte Wirkung.

Aber die Infektionszahlen werden doch nach den Feiertagen nicht wieder nach oben gehen? Das hat zumindest der Präsident der Bundesärztekammer erklärt.

Nun, wenn ein Orthopäde sich zum Verlauf einer Virusepidemie äußert, dann sollte man das auch entsprechend einordnen. Das ist so, als würde sich ein Virologe zu den gängigen Operationsmethoden am Knie äußern.

Es war nicht die erste zweifelhafte Äußerung dieses Orthopäden zur aktuellen Pandemie. Leider scheint es ihm gleichgültig zu sein, welchen Schaden er in seiner exponierten Position anrichtet. Warum tritt er nicht zurück, um dann bequem als Privatier seine Meinung zu äußern? Wir empfehlen nur auf ausgewiesene Fachleute zu hören. Im Zweifel schreiben Sie uns an.

Die ganze Welt hofft nun auf die Impfstoffe. Werden sie das Virus beseitigen?

Die Entwicklung dieser Impfstoffe ist in der Tat eine großartige Leistung, technisch, finanziell und logistisch. Die Impfstoffe werden ihren Teil dazu beitragen, die Pandemie nach und nach unter Kontrolle zu bringen. Sie sind jedoch kein Allheilmittel. Und vor allem kein schnelles. Es wird mindestens bis Ende 2021 dauern, um einen guten Teil der Bevölkerung zu impfen. Es gibt Grund zur Hoffnung, aber keinen Grund zur Entwarnung.

Das Virus wird uns auf Dauer erhalten bleiben. Auch in Zukunft werden immer wieder Ausbrüche stattfinden.

Das ist auch ein Grund für unser Unverständnis dafür, dass die Regierungen alles auf die Karte Impfstoff setzen. Bei einer akuten Krankheitssituation sind immer auch Medikamente notwendig. Immer. Die Medikamentenforschung wurde aber leider ignoriert.

Das Einzige, was viele Firmen dazu beigetragen haben war das Testen von mehreren Tausend bereits zugelassenen Medikamenten darauf, ob sie einen Einfluss auf Covid-19-Verläufe haben. Das Ergebnis war deprimierend: Praktisch keines der Medikamente war nützlich. Auch das mit vielen Vorschusslorbeeren gerühmte Remdesivir zeigte gemischte Ergebnisse.

Wir könnten das ändern! Nach der Pandemie ist vor der Pandemie.

Wann wird wieder Normalität eintreten?

Nixus, wenn Du damit meinst, wann alles wieder wie vorher wird, dann hoffentlich nie! Die Pandemie hat auf vielen Ebenen gezeigt, wie dysfunktional die internationale Gemeinschaft ist. Die internationalen Reaktionen waren vollkommen unkoordiniert. Das ist bedenklich, denn immerhin handelt es sich bei dieser Pandemie um eine konkrete Krisensituation.

Unserer Ansicht nach ist die Pandemie ein Warnschuss. Der große Knall rollt seit 40 Jahren auf uns zu.

Ihr meint den Klimawandel...

Er ist die größte Herausforderung für die Menschheit in ihrer gesamten Geschichte. Wir sehen leider viel zu wenig Initiative, sich diesem Problem zu stellen. Die Bundesregierung hat ein Plastiktütenverbot erreicht. Ein wirklich großer Wurf! Gleichzeitig wird in Deutschland die Braunkohlegewinnung finanziell gefördert. Was kann man von einem Umweltministerium erwarten, das von einer fachfremden Person geleitet wird?

Wir haben keine große Hoffnung, dass die Menschheit sich zusammenrauft. Überall wird nur nach dem kurzfristigen Profit gegiert. Das wird so nicht weitergehen können.

Die Erde ist also in akuter Gefahr?

Um den Planeten machen wir uns keine Sorgen, er hat schon ganz andere Bestien überlebt.

Was sind Eure Vorschläge und Wünsche für die nächsten Jahre?

Die Frage ist sehr umfangreich, wir versuchen sie kurz zu beantworten.

Wir wünschen uns, dass die Politiker*innen daran arbeiten, dass das Vertrauen in die Politik nicht noch weiter sinkt. Das ist Voraussetzung für eine funktionierende Demokratie. Das ist viel Arbeit. Sonst werden die Populisten an den extremen Rändern noch mehr Einfluss bekommen, als sie heute schon haben.

Wir wünschen uns Investitionen in die Zukunft, nicht in alte Industrien.

Persönlich wünschen wir uns Finanzierung und Investitionen in SAJO, um neue Wirkstoffe und Medikamente entwickeln zu können, die wir schleunigst brauchen, und die SAJO mit seinem Vorsprung entwickeln kann.

Und wir wünschen uns generell mehr Solidarität, leider ein Fremdwort in der deutschen Gesellschaft.

Kurzfristige Gewinnmaximierung gehört auf den Müllhaufen der Geschichte. Sie ist eine der Triebfedern für den immer schneller zunehmenden Klimawandel. Hier ist zwar internationale Zusammenarbeit gefragt. Aber kein Land darf sich dahinter verstecken, dass doch erst alle anderen mit an Bord genommen werden müssen, sondern jedes einzelne muss sofort einen Beitrag leisten. Hier sollte Europa vorangehen, egal, wer am anderen Ende blockiert. Der Klimawandel ist schon jetzt nicht mehr zu übersehen, er wird in den nächsten Jahren Umweltkatastrophen, Hungersnöte und Völkerwanderungen bringen. Die Verteilungskämpfe um Ressourcen, v.a. um sauberes Wasser, werden zu Kriegen führen. Darauf sollten wir uns vorbereiten. Das ist eine Schande und eine Bankrotterklärung für alle Politiker*innen und Diplomat*innen.

Habt Ihr nichts Positives zum Abschluss?

Doch, wir glauben an den menschlichen Einfallsreichtum. Wir lassen uns gerne überraschen.

Vielen Dank an Sabine und Jörg für dieses Interview.

Immer gerne.

Passen Sie auf sich auf, und denken Sie an den Merkulix-Ahatzl (der für Abstand, Hände waschen, Atemschutz, Coronavirus-Warnapp: leider total zero, und Lüften steht).

Die SAJO Gründer und CEOs: Sabine und Jörg im Gespräch mit N. Minimax.

SAJO berät rund um Infektionskrankheiten. Wir wenden unser Wissen an, das wir aus der Infektionsforschung über mehr als 20 Jahre erarbeitet haben. Wir tun, was wir können, um diese Pandemie zu bekämpfen.

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