… ist entscheidend für die Entwicklung der Pandemie.
18. Mai 2021
Der SAJO Blog bietet seit Februar 2020 einen Leitfaden mit aktuellen Informationen und Empfehlungen zur SARS-CoV-2 Pandemie.
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Liebe Leserinnen, liebe Leser,
In den letzten Tagen haben wir sehr positive Rückmeldungen erhalten zu unseren posts. Wir bedanken uns und freuen uns, wenn Euch/Ihnen unsere Texte Freude bereiten. Wir bemühen uns, es unterhaltsam und auch etwas persönlich zu gestalten. Bleiben Sie dabei und bleiben Sie informiert.
Zunächst ein paar gute Nachrichten. Wir sind sehr froh, dass die Impfkampagne an Fahrt aufgenommen hat. Täglich werden hunderttausende geimpft. Bei dem Tempo könnten im August 90 % der Bevölkerung bereits einmal geimpft sein, und nach der zweiten Immunisierung im Oktober oder November bereits einen Schutz vor schweren Krankheitsverläufen haben. Dann wird der Herdenschutz einen Einfluss auf die Infektionszahlen nehmen. Das wird aber nur klappen, wenn die Impfbereitschaft nicht nachlässt.
Letzteres ist jetzt leider in den USA zu beobachten, die Zahl täglicher Impfungen geht zurück. Dort wird die von Epidemiolog*innen und Virolog*innen als notwendig erachtete Impfquote von 80 % wohl nicht erreicht werden. Ob das dann für einen Herdenschutz reicht, und alle Maßnahmen wieder gefahrlos gelockert werden können, wird man in ein paar Wochen sehen.
Die aktuellen Zahlen sind in der folgenden Abbildung angegeben. Selbst wenn einzelne Länder die Infektionszahlen erfolgreich drücken konnten, sind zu viele Länder damit überfordert. Die Pandemie ist noch immer in vollem Gange. https://coronavirus.jhu.edu/map.html
In Deutschland ist die Impfquote mit etwa 11 % noch zu gering, um einen signifikanten Einfluss auf das Infektionsgeschehen auszuüben. Leider beobachten wir seit ein paar Wochen, dass die Meldungen neuer Infektionen durch das RKI immer undurchsichtiger werden, es bestehen Diskrepanzen zu den Werten der Johns Hopkins University, die ihre Zahlen direkt den Meldungen regionaler Behörden entnimmt. An einzelnen Tagen wurde dort nicht eine einzige Infektion gemeldet. Nachmeldungen werden vom RKI nicht in die 7-Tages-Inzidenz mitaufgenommen, diese wird also nicht korrigiert. So wird der Wert verfälscht. Er wird geringer angegeben, als er tatsächlich ist. Soll so der politisch willkürlich gewählte Punkt von 100 noch vor Pfingsten stabil unterschritten werden? Trotz aller Manipulationen hatte Deutschland gestern kurzzeitig Rang 9 der Liste der am meisten betroffenen Länder erreicht. Deutschland und Spanien konkurrieren derzeit um Platz 9, sie wechseln sich ab.
Jetzt haben wir einen kritischen Punkt erreicht, an dem wir alles richtig machen können. Das ist eine echte Chance. Im letzten Jahr wurde sie versäumt. Wenn die Impfkampagne weiter beschleunigt wird, und gleichzeitig die Bevölkerung die Maßnahmen weiter umsetzt, dann kann durch den sich nach und nach einstellenden Herdenschutz und durch das veränderte Verhalten der Menschen, sowie die wärmeren Außentemperaturen die Inzidenz weiter gesenkt werden.
Dazu ist jedoch eine Impfquote von mindestens 80 % nötig. Vorher ist es unsinnig, über Lockerungen zu reden.
Dass überhaupt von Lockerungen gesprochen wird, ist uns unverständlich. Um das zu illustrieren, zeigen wir eine Grafik der Johns Hopkins University. Sie stellt die täglichen Neuinfektionen (Balken) und den jeweils über 7 Tage gemittelten Wert (Kurve) dar. Im April 2020 begannen die damaligen Maßnahmen zu wirken, die Infektionszahlen sanken. Durch das allgemeine laissez-faire der gesamten Gesellschaft konnte das Virus sich im Sommer flächendeckend verbreiten und im Herbst kam die Quittung. Jetzt haben wir doppelt so viele Infektionen wie im April 2020 und es wird über Lockerungen diskutiert. Im Februar 2021 wurde ebenfalls zu früh gelockert, die Zahlen gingen prompt in die Höhe. Der Ausgangspunkt heute ist viel schlechter als im vorigen Jahr. Ein Vergleich wird nicht gemacht. Stattdessen hat man die Zahl 100 als Inzidenzwert eingeführt. Wir erinnern uns an die Zahl 35 aus dem Frühjahr 2020. Beides sind politisch willkürlich (und zu hoch) gewählte Zahlen. Sie sind wissenschaftlich NICHT zu begründen.
Eine schleichende Infektionsverbreitung bei geringer Impfquote ist fatal. So wird dem Virus genug Nährboden gegeben, um sich weiter zu verändern. In Deutschland wird noch immer viel zu wenig sequenziert (nur etwa 2 % der Proben), neue Mutanten werden so erst sehr spät identifiziert. Das ist brandgefährlich. Das Ergebnis könnte sein, dass neue Mutanten sich unerkannt verbreiten, wie die weiter unten erwähnte Variante B.1.620 aus Afrika.
Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, um in den Sommer hinein niedrige Inzidenzzahlen erreichen zu können, flächendeckend, und messbar. Das wäre ein Ziel, das Virus aus der Bevölkerung zu verdrängen. Dann kann bei konsequenter Impfkampagne ein Herdenschutz im Herbst dazu führen, dass der erwartbare Anstieg an Neuinfektionen schwächer ausfällt. Bis dahin müssen wir durchhalten. Die Maßnahmen müssen in Kraft bleiben, und der Urlaub (vor allem im Ausland) auf 2022 verschoben werden.
Aus Afrika kam Anfang des Jahres durch Reisende unbemerkt eine weitere Variante (B.1.620) nach Europa. Sie wurde erst jetzt entdeckt und weist mehrere besorgniserregende Mutationen auf. Das zeigt die Dringlichkeit, weltweit die Impfkampagne zu beschleunigen: https://www.medrxiv.org/content/10.1101/2021.05.04.21256637v1
Virolog*innen und Epidemiolog*innen wissen, dass in Zeiten einer Kontaktseuche keine Reisen – egal welcher Art und zu welchem Zweck – möglich sind. Das Risiko einer weiteren Verbreitung gefährlicher Mutanten ist und bleibt zu hoch.
Maßnahmen und Regeln sollten aufrechterhalten bleiben, d.h. keine Lockerungen oder Öffnungen, Abstand einhalten, in Gebäuden FFP2-Masken tragen. Räume mehrmals stündlich querlüften, d.h. für einen kompletten Luftaustausch sorgen. Volle Besetzung in Großraumbüros vermeiden. Auch im Freien FFP-2 Masken tragen, wenn ein Abstand von 2 m nicht eingehalten werden kann. Diese Regeln gelten auch für Geimpfte, denn es gilt, das Virus so stark wie möglich auszubremsen. Dazu müssen alle zusammenhalten.
Außerdem braucht es Fairness, Rücksicht, Solidarität, und das Quäntchen Nachsicht und Geduld, um ein 2021 zwar eingeschränktes, aber trotzdem glückliches Leben zu haben. Wenn wir uns zusammenreißen, haben wir eine Chance JETZT, die Pandemie in Deutschland niederzubügeln. Wenn wir diese Chance verpassen, dann wird es wohl so weiter gehen mit dem Jo-Jo und dem Zermürben der Bevölkerung und der Wirtschaft. Diese Chance des Zeitfensters sollten wir unbedingt nutzen, denn wer weiß, ob so eine Chance noch einmal kommt. Seuchen, wie die Pest zum Beispiel, wüteten über Jahrzehnte durch Europa. Influenza kam immer wieder, und kommt bis heute saisonal zurück.
Ein persönliches Wort zu den derzeit gehäuften antisemitischen Vorfällen in Deutschland. Es ist eine Schande – eine große Schande. Es ist ein absolutes NO GO! Genauso wie das Beschimpfen einzelner Menschen, Hetzkampagnen, Rufmord und Mobbing in Institutionen, sozialen Medien, Schulen, Firmen und auch Familien. Solche Vorfälle passieren regelmäßig, und sie beruhen auf niederen Beweggründen, einen Sündenbock zu finden, aus persönlichem Hass, Wut, Enttäuschung, Neid, Missgunst und Eifersucht. Das sind hässliche Charakterzüge, die ausgelebt werden. Bieten Sie solchen Leuten die Stirn! Wehren Sie sich! Stehen Sie auf und ziehen Sie die Konsequenzen daraus. Solche hässlichen Menschen schaden nur, diese zu tolerieren ist ein NO GO, denn sie machen es immer wieder, diese Niederträchtigen hören nie auf!
Schlimm genug, dass es in Deutschland noch immer zu viele Faschisten gibt, 72 Jahre nach Gründung einer Demokratie.
Ein Wort an diejenigen der Gäste, die Deutschland aufgenommen hat, und die nun ihren Antisemitismus auf die Straßen tragen. Wir selbst haben viele Jahre im Ausland gelebt und gearbeitet. Wir haben die Gesetze und Gepflogenheiten unserer Gastländer geachtet. Gastfreundschaft ist ein hohes Gut, es mit Füßen zu treten ist schändlich.
Egal, ob Antisemitismus aus nationalsozialistischem Hintergrund oder pseudoreligiösem Übereifer stammt, hier muss der Staat mit allen Mitteln eingreifen.
Machen Sie es gut, passen Sie auf sich und andere auf. Wir wünschen Ihnen angenehme Pfingstfeiertage. Jörg hat über Pfingsten Geburtstag. Sein Geburtstag fiel immer in die Zeit des Cold Spring Harbor Retrovirus Meetings. Früher haben wir immer dort gefeiert. Es war etwas Besonderes. Heute passen wir unsere Gewohnheiten den äußeren Umständen an, und haben trotzdem eine gute Zeit. Vor kurzem hat er seinen Geburtstagszwilling (gleicher Tag, gleiches Jahr) gefunden. Auch das ist etwas Besonderes.
Bis zum nächsten post! Herzlichst,
Ihr Jörg Baumann und Ihre Sabine Breun
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SAJO – für eine gesündere Welt und bessere Zukunft!
Blog post No. 175. Unser Blog erfährt eine breite Akzeptanz, was uns sehr erfreut, wir teilen gerne unser Wissen. Einzelne Beiträge und Inhalte werden von zahlreichen anderen übernommen, auch von vielen Medien. Wir haben noch gelernt, wie man richtig zitiert, und es würde uns umgekehrt auch erfreuen. Außerdem: Bitte empfehlen Sie unseren Blog weiter – ein informatives Werkzeug im Kampf gegen Pandemien.
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