…im Überblick…
Seit Januar 2020 laufen weltweit zahlreiche Verfahren, um baldmöglichst einen Impfstoff zu erhalten. Im Juni 2020 sind 13 Vakzin-Kandidaten in ersten klinischen Prüfungen, weitere 126 Kandidaten sind in vorklinischen Testverfahren (WHO, 09.06.2020).
Vier Aspekte stehen bei der aktuellen Impfstoffentwicklung im Vordergrund:
- Der Impfstoff muss so stark immunogen wirken, dass er einen tatsächlichen Schutz vor einer Ansteckung mit SARS-CoV-2 bietet. Dies ist die Grundvoraussetzung, ohne die eine Impfung keinerlei Sinn macht. Es reicht nicht, wenn der Impfstoff lediglich den Ausbruch der Krankheit verhindert, da das Virus bereits sehr früh nach Ansteckung weiterverbreitet wird.
- Die Sicherheit vor möglichen Nebenwirkungen muss gewährleistet sein. Bei den bisherigen Impfstoffen wird mit schwereren Komplikationen in ca. einer von einer Million Impfungen gerechnet. Wenn diese Zahl sich auch nur verzehnfacht, dann könnte dies bei Milliarden Impfungen zu Tausenden von Fällen mit schweren Nebenwirkungen führen. Daher muss jeder neue Impfstoff äußerst sorgfältig geprüft werden. Bei einer solchen Zahl von Impfungen darf kein Risiko eingegangen werden. Ein solches Testverfahren benötigt jedoch viele Probanden und viel Zeit, was auf den folgenden Punkt 3 Einfluss hat!
- Bei einer laufenden Pandemie ist der Zeitfaktor wichtig: Der Impfstoff sollte so früh wie möglich verfügbar sein. Die grundsätzliche Entwicklung eines neuen Impfstoffes kann in wenigen Monaten geschehen. Doch dann muss der Impfstoffkandidat getestet werden. Zunächst auf Sicherheit, dann auf Wirksamkeit.
- Schließlich muss dafür gesorgt werden, dass genügend Impfstoff vorhanden ist, um weltweit impfen zu können, d.h. es werden mehrere Milliarden Impfdosen benötigt. Dazu sind große, kostspielige Anlagen vonnöten. Unterschiedliche Impfstoffe (näheres s.u.) haben unterschiedliche Produktionsverfahren. Erst nach einer Zulassung kann der Impfstoff vertrieben werden. Um Zeit zu sparen, können finanzstarke Unternehmen eine Impfstoffproduktion bereits vorher starten, um bei erteilter Zulassung sofort liefern zu können. Doch dies ist hochriskant, denn falls es Probleme bei der Zulassung gibt, ist diese Investition verloren.
Auf welchem Prinzip beruhen die verschiedensten Impfansätze gegen SARS-CoV-2?
Impfungen können mit kompletten Viren, sowie mit Teilstücken davon erfolgen.
1. Inaktivierte Viren sind wohl die älteste der Methoden. Daher gibt es damit die meiste Erfahrung. Ihr Vorteil liegt in ihrer Schnelligkeit. Das zu bekämpfende Virus muss in großer Zahl vermehrt werden. Anschließend wird das Virus inaktiviert. Das heißt, die Viruspartikel werden so verändert, dass sie nicht mehr infektiös sind. Dies geschieht meist chemisch durch eine Zerstörung der Nukleinsäure (der viralen Erbsubstanz) oder der Enzyme, die zur Vermehrung benötigt werden. Dabei muss sichergestellt werden, dass die Oberflächenmoleküle intakt bleiben, da diese für die Antikörperbildung benötigt werden. Sollten die Oberflächenmoleküle verändert sein, dann kann dies zu einer schwachen oder ineffizienten Antikörperantwort führen. Ein weiterer Nachteil besteht darin, dass durch diesen Impfstoff zwar Antikörper gebildet werden, aber keine echte T-Zell-Antwort, die für eine langandauernde Immunität wichtig ist.
2. Attenuierte Viren sind aktive Viren, die jedoch in ihrer Vermehrungsfähigkeit – und damit dem Auslösen der Krankheit – gebremst wurden. Sie infizieren den Menschen, aber das Immunsystem hat genug Zeit, um das Virus unschädlich zu machen. Die Infektion läuft gleichermaßen in Zeitlupe ab, während das Immunsystem in Echtzeit arbeitet. Früher wurden Viren dadurch attenuiert, dass sie in Zellen eines nichtmenschlichen Organismus vermehrt wurden. Bei dieser Vermehrung passt sich das Virus nach und nach an seine fremde Umgebung an und verliert so mit der Zeit die Fähigkeit, sich im Menschen effizient zu vermehren. Dieser Prozess kann Jahre dauern. Heute gibt es molekularbiologische Wege, um eine Attenuierung sehr rasch zu erreichen, das Virus behält seine Struktur auf Protein-Ebene, wird aber auf Ebene des Erbguts verändert.
Der Nachteil liegt auf der Hand: Das Virus kann theoretisch den Prozess in umgekehrter Reihenfolge durchlaufen und sich wieder an den Menschen anpassen (es „revertiert“). Daher muss für diese Methode ein aufwendiges Verfahren angewandt werden, um zu sehen, ob und ggf. wie rasch eine solche Reversion stattfinden kann. Dies kann Jahre dauern.
3. Eine modernere Methode bilden die sogenannten Virusvektoren. Dabei handelt es sich um Viren, die keine oder nur eine sehr schwache Krankheit auslösen, die so verändert werden, dass sie Teilstücke des zu bekämpfenden Virus enthalten. Sie präsentieren gleichsam SARS-CoV-2 Proteine an das Immunsystem, die eine Antikörperbildung verursachen. Dabei kommen zwei Arten von Vektoren zum Einsatz, solche die replizieren (sich vermehren) und solche, die inaktiviert sind. Die replizierenden Vektoren vermehren sich zwar, werden aber in kurzer Zeit durch die Immunantwort entfernt.
Ein Nachteil dieser Methode besteht im möglichen Vorhandensein einer Immunität gegen das „Trägervirus“, den Vektor, falls die zu impfende Person in der Vergangenheit bereits mit diesem Virus in Berührung gekommen ist.
Außerdem hängt, wie bei allen Impfstoffen, die nur einen Teil des Virus tragen, alles von der Immunogenität der Proteine ab, und ob eine effiziente T-Zell-Antwort erlangt wird.
4. Rekombinante Proteine bilden ein weiteres System. Hier werden bestimmte Protein des Virus in Zellkulturen produziert und aufgereinigt. In einer geeigneten Formulierung kann dies injiziert werden. Immunzellen, die den Körper patrouillieren, nehmen die Proteine auf und präsentieren sie anderen Abwehrzellen, was zu einer Immunantwort führt.
Auch hier werden hauptsächlich Antiköper gebildet, und wenig T-Zell-Antwort. Dies kann zu einer kurzfristigen Immunität führen, muss aber nicht langfristig schützen.
5. DNA-Vakzine beruhen auf geeigneten DNA-Molekülen, in die Teile von SARS-CoV-2 als DNA-Kopie eingefügt werden (Coronaviren sind RNA-Viren). Die resultierenden Moleküle werden injiziert und müssen dann ihren Weg in Zellen finden, was durch geeignete Tricks erreicht wird. Die Zelle produziert daraus mRNA und folglich Proteine, die dem Immunsystem suggerieren, dass die Zelle infiziert ist. So werden sowohl Antikörper gebildet als auch T-Zellen aktiviert.
6. mRNA-Impfstoffe schließlich sind die jüngste Entwicklung. Sie beruhen auf der Anwendung der Boten-RNA, die ihre Information direkt an die Proteinmaschinerie der Zelle übergibt. Dazu werden Teile der SARS-CoV-2 RNA in geeignete mRNA Moleküle eingebaut, in Lipidhüllen verkapselt und injiziert. Nimmt eine Zelle dies auf, dann werden SARS-CoV-2 Moleküle produziert und so dem Immunsystem suggeriert, die Zelle wäre infiziert. Dies führt zur Aktivierung von T-Zellen und zur Bildung von Antikörpern. Auch diese Methode kann sehr schnell entwickelt werden und kann auch in großem Maßstab hergestellt werden.
Firmen, die daran arbeiten sind Moderna, CureVac und BioNTech.
Nachteil dieser Methode ist die Empfindlichkeit der RNA: RNA ist äußerst labil. Sie muss folglich entsprechend gehandhabt werden. Noch fehlt es mit dieser Art von Impfung an Erfahrung.
Welche Art Impfstoffe werden gegen SARS-CoV-2 entwickelt?
In klinischer Prüfung befinden sich Impfstoffe auf der Basis von inaktivierten Viren, Protein-Untereinheiten, nicht-replizierenden Virusvektoren, DNA, sowie mRNA. Unter den 126 in der Vorklinik befindlichen Impfstoffen sind auch solche auf Basis von attenuierten Viren, replizierenden Virusvektoren, sowie virusähnlichen Partikeln (VLP).
7 der 13 klinischen Tests basieren auf relativ neuen Ansätzen (Vektorimpfstoffe bei Oxford University/AstraZeneca und CanSino; mRNA-Impfstoffe bei Moderna und BioNTech/Fosun/Pfizer). Die Techniken sind vielversprechend, aber es gab bislang auf ihrer Grundlage noch keinen Impfstoff in der Vergangenheit.
Allen Impfansätzen ist gemein, dass nicht sicher ist, ob eine effiziente und sichere Impfung gegen SARS-CoV-2 erreichbar ist. Es gibt viele Beispiele von Viren, gegen die es auch nach vielen Jahren noch keinen erfolgreichen Impfstoff gibt.
Dies werden die kommenden Monate zeigen. Erste positive Ergebnisse wurden aus China gemeldet, wo ein Schutz durch ein inaktiviertes Virus in Affen erreicht wurde; allerdings bei einer sehr kleinen Zahl von Tieren. Echte Erfolge werden sich erst im Laufe des Jahres abzeichnen können.
Die große Anzahl an klinischen und präklinischen Ansätzen und auch die Vielzahl gewählter Methoden in einem weltweiten Wettlauf gibt Hoffnung, dass der eine oder andere Kandidat tatsächlich zu einem Impfschutz führen kann. Es bleibt spannend.
Alternativ zu einem Impfstoff sollte daher weiterhin die Suche nach effizienten Medikamenten zur Behandlung oder Prophylaxe verfolgt werden. Sollte ein Impfstoff in absehbarer Zeit nicht zur Verfügung stehen, dann wäre dies die einzige Möglichkeit, das Virus weltweit unter Kontrolle zu bringen. Die Konzentration ausschließlich auf Impfstoffe halten wir für viel zu unsicher und hochriskant.
sajo bietet eine Hochtechnologie an, mit der in kurzer Zeit hochaktive antivirale Substanzen identifiziert und isoliert werden können. Damit lässt sich ein antivirales Portfolio aufbauen, das breit einsetzbar ist.
Wir sehen es sehr kritisch, dass die Bundesregierung 400 Mio. € an zwei deutsche Firmen gegeben hat, die sich beide auf Impfungen mit dem gleichen Ansatz konzentrieren. Das ist ein riskantes Spiel mit Steuergeldern.
Bleiben Sie informiert und vor allem, bilden Sie sich Ihre Meinung.
Sabine und Jörg