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Mittel und Werkzeuge, RICHTIG eingesetzt!

Impfung, Schnelltests, Selbsttests richtig einsetzen und interpretieren, Klarheit über die Impfquote – und ein weiterer Blick in die Kristallkugel für Sommer/Herbst 2021.

4. Mai 2021

Der SAJO Blog bietet seit Februar 2020 einen Leitfaden mit aktuellen Informationen und Empfehlungen zur SARS-CoV-2 Pandemie.

Hinweis: Sie können den Text vergrößern oder verkleinern durch STRG+ oder STRG-

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

zuerst ein persönliches Wort von Sabine: Heute Nacht habe ich mir ein Konzert von Joe Cocker in der Waldbühne in Berlin auf #wirbleibenoffen angeschaut. Musik verzaubert. Joe Cocker trat mit hervorragenden Musiker*innen auf. Es hat mich richtig glücklich gemacht und beschwingt. https://www.sajo-innovation.de/blog/de/sommer-2020-musik-verzaubert-wissenschaft-fesselt/

Das Konzert war von 1997, jetzt reisen wir in das Jahr 2021.

Die Impfquote steigt in Deutschland, was wir sehr befürworten.

Einige Fragen dazu, die uns immer wieder gestellt werden, möchten wir beantworten.

Bin ich mit einer Impfung geschützt und sicher vor dem Virus?

Bitte wiegen Sie sich nach dem ersten shot NICHT in Sicherheit! Was bedeutet das genau? Sie erhalten die erste Impfung. Das ist gut. Was aber passiert im Körper? Das Immunsystem benötigt etwa 2-3 Wochen Zeit, den Impfschutz aufzubauen. Der Impfschutz, vermittelt durch Antikörper und T-Zellen, wirkt passgenau gegen die aktuell in Deutschland vorherrschenden Virusvarianten.

Folgendes ist zu beachten: Der volle Schutz wird erst zwei Wochen NACH dem zweiten shot erreicht. Der zweite shot, wie auch weitere, spätere Auffrischungen, sind notwendig, um den Impfschutz aufrechtzuerhalten, und eventuell an neue Virusvarianten, die Mutanten, anzupassen.

Der Impfschutz erreicht 60 – 95 % der Geimpften, abhängig vom verabreichten Vakzin. Das bedeutet, dass 60 – 95 % der geimpften Menschen vor schweren Krankheitsverläufen geschützt sind, und damit auch vor einem tödlichen Verlauf, abhängig vom Individuum und je nach kursierender Virusvariante.

Das bedeutet im Umkehrschluss, dass 5 – 40 % der Geimpften NICHT oder nur unzureichend geschützt sind.

Außerdem lässt der Impfschutz nach einer gewissen Zeit – abhängig vom Individuum, nach. Je nach Hersteller des Impfstoffes variiert das.

Ob Geimpfte sich infizieren können, ist auch abhängig vom Individuum und dessen Verhalten (!). Bei SARS-CoV-2 kann die Wissenschaft nicht ausschließen, dass sich Geimpfte noch anstecken können. Auch eine Verbreitung des Virus kann nicht ausgeschlossen werden. Aber wir können spekulieren, dass, wenn Menschen weniger Virus im Körper mit sich tragen, weniger Virus in das Umfeld ausgeschieden wird. Das gleiche gilt für Menschen, die eine Infektion durchlebt haben. Mit der Zeit baut sich der Schutz aber wieder ab. Das ist ein kritischer Punkt.

In der Bevölkerung werden sich Menschen begegnen, die a) gerade einen Impfschutz nach dem ersten shot aufbauen, b) geschützt sind c) einen sich abschwächenden Impfschutz aufzeigen, d) ungeimpft sind, und e) die geimpft wurden, aber zu den 5 – 40 % gehören, die trotz Impfung nicht vor schweren Verläufen geschützt sind.

Die letzte Gruppe wird leider bei der Diskussion um Privilegien für Geimpfte ignoriert.

Das Gefährliche an SARS-CoV-2 ist, dass sich Menschen, nach durchlebter Infektion, erneut anstecken können. Der Verlauf einer zweiten Infektion kann leichter sein, aber auch schwerer. Hier ist alles wieder offen. Die nach wie vor hohen Infektionszahlen führen zur Entstehung neuer Mutanten, die dieses Problem weiter verschärfen.

Aus den genannten Gründen, und der unterschiedlichen Immunisierung in der Bevölkerung raten wir von den derzeit viel diskutierten Lockerungen ab. Sie können uns glauben, wir würden es nicht so sehen, wenn die Gegebenheiten und Fakten andere wären, denn uns geht es persönlich auch auf die Nerven. Vor Allem aber nerven uns unsinnig geführte Diskussionen in Politik und Medien.

Führt der mRNA Impfstoff zu Genveränderungen?

Diese Frage trifft uns immer wieder. Die kurze Antwort ist: NEIN! mRNA ist ein sehr labiles Element, das nach kurzer Zeit in der Zelle abgebaut wird. Es dient einer kurzen Information an die Zelle, entsprechende Moleküle zu bilden, dann hat es seinen Zweck erfüllt und wird in seine Einzelteile zerlegt.

Um es zu wiederholen, der Impfstoff wird NICHT ins Genom integriert. Punkt.

Was sagen die Schnelltests aus? Wie kann man sie einsetzen?

Wichtig bei den Testungen ist es, den Abstrich korrekt durchzuführen und die Probe VOR einer Reinigung des Mundraumes zu nehmen.

Wenn der Test negativ ist, heißt das, dass Sie möglicherweise an diesem einen Tag nicht hoch ansteckend sind.

Ein Nachteil ist die Sensitivität dieser Tests: Nur etwa 60 – 70 % der Hochinfektiösen werden damit gefunden. Das bedeutet, dass bei 30 – 40 % der Test nicht anschlägt, obwohl Sie ansteckend sind. Deshalb: Bitte tragen Sie weiterhin FFP2-Masken zum eigenen Schutz und dem Ihrer Umgebung, und halten Sie ausreichend Abstand, auch an der frischen Luft.

Selbsttests sind offiziell nicht anerkannt, da die Durchführung nicht akkreditiert ist, und sie damit nicht fälschungssicher sind. Auf eine korrekte Ausführung kommt es an. Die Selbsttests geben lediglich einen Anhaltspunkt zur Orientierung, denn auch sie identifizieren nur einen Bruchteil der Infizierten.

Aus diesem Grund werben wir dafür, sich morgens zu testen, bevor der private Wohnbereich verlassen wird. Bei Minderjährigen sollte der Test unter Aufsicht durchgeführt werden, entweder zuhause oder in der Schule, Kita oder Bildungsstätte.

Für beide, Schnelltests und Selbsttest, gilt: Wenn der Test positiv ist, dann bedeutet das, dass Sie hochansteckend sind – unabhängig von Symptomen. Das bedeutet, dass Sie dann, mitsamt dem gesamten Haushalt und allen Kontakten aus den letzten 7 – 10 Tagen, zuhause in Quarantäne bleiben.

Rufen Sie Ihren Hausarzt/Ihre Hausärztin an, um weitere Informationen zu erhalten. Befolgen Sie die Anweisungen der Ärzt*innen.

Sollten Sie unabhängig von einem Testergebnis bereits grippeähnliche Symptome haben, liegt derzeit aktuell der Verdacht einer COVID-19 Erkrankung nahe. Bitte gehen Sie nicht zur Arbeit oder aus dem Haus. Kontaktieren Sie Ihren Arzt/Ihre Ärztin und lassen Sie sich umgehend testen, um Klarheit zu erhalten.

Die hohe Bepreisung dieser Schnell- und Selbsttests ist für uns unverständlich. Ab € 5 pro Test fängt die Bepreisung an – für einen Artikel, der in der Produktion nur Centbeträge kostet. Gleichzeitig bleibt das Ergebnis nur ca. 12 Stunden aussagekräftig. Hier wäre die Politik gefragt, den Wucher zu unterbinden.

Eine sensitivere Methode ist der PCR-Test, durch Fachleute und Laboratorien durchgeführt. Dieser Test ist zu 99,9 % zuverlässig, er erkennt minimale Virusmengen, die Analyse dauert jedoch ein paar Stunden.

Einige Firmen und Einrichtungen sind vorbildlich und testen ihre Mitarbeiter*innen zwei Mal pro Woche per PCR.

Aber, in einzelnen uns bekannten Firmen, die ihre Mitarbeiter*innen so testen lassen, liegt die Infektionszahl bei 6 % der Belegschaft. Das ist viel zu hoch. Die Geschäftsleitung MUSS reagieren in Form von Verhaltensänderungen vor Ort, und mit mehr Homeoffice. Es ist einfach. Wir verweisen auf unseren letzten post. https://www.sajo-innovation.de/blog/de/der-rote-faden-durch-die-pandemie Ein wichtiger Punkt ist der mehrmalige, vollständige Austausch der Raumluft pro Stunde. Auch das Tragen von FFP2 Masken in Räumen mit mehr als einer Person ist ein absolutes MUSS.

Vergessen Sie nicht Ihre Subunternehmen, Zulieferer, Teilzeitpersonal, mit Zugang zu den Räumlichkeiten, wie z. B. Reinigungspersonal. Orte der Begegnung sind Orte der Übertragung.

Um einen kritischen Punkt nochmals zu wiederholen: Negative Schnelltestergebnisse gelten NUR FÜR EINEN TAG und auch dann nur mit den genannten Einschränkungen. Ältere Tests (mehr als 12 Stunden alt) sind vollkommen wertlos.

Ein Wort zum Experiment „Wegtesten des Virus“ in Tübingen: Tests sind ein Werkzeug, um Infektionen festzustellen. Dadurch wird das Virus nicht verschwinden.

Die Idee an sich war vor ein paar Monaten gut, bis sich herausstellte, dass Schnelltests für ein solches Experiment nicht sensitiv genug sind.

Das Tübinger Modell war NICHT erfolgreich, wie der selbstgefällige Bürgermeister mit Fehlinterpretationen der Ergebnisse erklärte. Auch hier wieder unser Tipp: Fallen Sie nicht auf die Meinung einflussreicher Menschen herein, denen die Fachkenntnis fehlt.

Testungen sind ein Messinstrument, und detektieren infektiöse Menschen, die sich dann am besten entsprechend verhalten, nämlich zuhause bleiben. Das entsprechende verantwortungsvolle Verhalten gehört dazu: Das heißt den privaten Wohnbereich NICHT zu verlassen, NICHT zum Arbeitsplatz zu gehen, NICHT die öffentlichen Verkehrsmittel zu benutzen, KEINE Kontakte einzugehen. Infektionsketten können nur dann unterbrochen werden, wenn das positive Ergebnis frühzeitig vorliegt und sofort Konsequenzen gezogen werden.

Schutzmaßnahmen und eine Verhaltensänderung für alle sind ein MUSS. Der Tübinger Versuch ist gescheitert, weil das Mittel des Testens in Konsequenz falsch eingesetzt und Ergebnisse falsch interpretiert wurden. Die Infektionszahlen verlaufen parallel zum Umland, sie steigen. Das ist kein Erfolg, sondern eine in der Presse gemeldete politisch motivierte Fehlinterpretation. Leider fehlt es hier an Einsehen und menschlicher Größe.

Wie sieht es mit einer steigenden Impfquote in der Bevölkerung aus, was bedeutet das, und ab wann sehen wir einen Effekt?

Die Impfung hat mittlerweile 20 % der Bevölkerung einmal erreicht. Etwa 8 % haben zwei shots erhalten. Ein Impfstoff, der gut wirkt, ist ein zentrales Mittel zur Bekämpfung einer Pandemie. Allerdings wird das bei dieser Pandemie nicht ausreichen. Wir müssen mindestens 80 % Impfquote erreichen, wenn möglich mehr. Außerdem braucht jeder den kompletten Impfschutz.

Wie wir bereits beschrieben haben, übt ein leichter Druck, also unvollständiger Impfschutz, einen fatalen Selektionsdruck auf das Virus aus. In Kombination mit bleibenden, hohen Infektionszahlen, und mangelnder Einsicht der Bevölkerung ermöglicht dies dem Virus Lebensraum und Nährboden, in Folge mit neuen sich durchsetzenden Mutanten.

Ein aktueller Artikel unseres Kollegen John Mellors in der “Science“ macht dies noch einmal sehr deutlich. Das Virus hat einige sehr beunruhigende Eigenschaften, die Escape-Mutationen erleichtern. Für interessierte Leser hier der Link: https://science.sciencemag.org/content/371/6536/1306

Aus diesem Grund plädieren wir dafür, im Sommer 2021 NICHT zu LOCKERN. So würden wir den Fehler von 2020 nur wiederholen.

Die Infektionszahlen müssen so weit wie möglich nach unten. Nur dann haben wir eine Chance, im Herbst 2021 der hässlichen Fratze der Pandemie zu entgehen.

Die von Herrn Spahn als „Roland-Koch-Institut“ bezeichnete Behörde verzeichnet plötzlich und unerwartet einen Rückgang an Infektionszahlen und R-Wert. Die Berichterstattung des RKI ist widersprüchlich und intransparent. Uns ist nicht klar, ob und wie die ständigen aus trägen Gesundheitsämtern kommunizierten Nachmeldungen von Neuinfektionen in die Berechnungen einfließen. Eine Erst-Impfquote von 20 % kann Neuinfektionen nicht drücken.

Gibt es ein Zurück zur „früheren Normalität wie vor der Pandemie“ für Geimpfte und Genesene – während die Pandemie weltweit wütet?

Diskussionen um Sonderrechte für Geimpfte halten wir zu diesem Zeitpunkt für unpassend. Es ist zu früh. Der individuelle Impfschutz muss hoch sein, und in der Bevölkerung bei mindestens 80 %. Außerdem müssen die Neuinfektionen niedrig sein. Auch 20000 Neuinfektionen pro Woche wären zu hoch. Derzeit liegen wir bei weit über 100 000 Neuinfektionen pro Woche.

Erst dann ist es sinnvoll über Lockerungen zu sprechen und ab dann droht die Fratze der Pandemie nicht mehr, die Sie sonst im Herbst – denken Sie an unsere Worte – sehen werden.

Wir haben keine andere Wahl: Wir müssen mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln das Virus bekämpfen, um von der hohen Neuinfektionszahl herunterkommen. Das ist DER WEG aus der Pandemie. Mögen wir dann ein besseres 2022 erleben dürfen.

Eine effiziente Pandemiebekämpfung ist mit Populisten, die wiedergewählt werden wollen, koste es, was es wolle, nicht machbar. 2021 ist ein Wahljahr. Unsere Politiker*innen sollten eine Wiederwahl nicht als Bestätigung verstehen, denn die Bürger*innen sind verunsichert, und halten derzeit an allem fest, um Stabilität zu erlangen.

Deshalb unser Aufruf an alle Politiker*innen: Sie wiederholen in dieser Pandemie Fehler, die in allen vergangenen Pandemien bereits begangen worden waren. Kaufleute, heute Ökonomen genannt, haben damals, wie auch heute nicht nur mitgemischt, sondern sich durchgesetzt. Das war fatal für die Bevölkerung und hat unzählige Leben gekostet. Menschenleben, die auf die Kappe der Politiker (damals männlich), und der Kaufleute (bis heute meist männlich) gingen.

Unsere Politiker*innen, Kaufleute und Jurist*innen verstehen es, alle Mittel, die die Wissenschaft auf eine harte Art und Weise mit viele Überstunden und Schichtarbeiten über Jahrzehnte hinweg, entwickelt haben, obsolet zu machen. Alle Mittel müssen richtig angewendet und eingesetzt werden. Das gilt auch für eine Impfung und eine Impfstrategie. Deshalb ist es noch nicht an der Zeit, jetzt über den Wohlfühlfaktor der Geimpften zu reden, die wieder zurück zum „alten“ Leben wollen.

Ein persönliches Wort zu den Beschimpfungen, Einschüchterungen, bis hin zu Morddrohungen, gerichtet an exzellente Kolleg*innen. Es ist eine Schande, dass Individuen und deren Familien das ertragen müssen. Der Staat hat hier eine Schutzpflicht. Diese fachliche Elite wird angegriffen? Bitte überlegen Sie zurück: Deutschland liefen vor dem zweiten Weltkrieg die Wissenschaftler*innen davon, sie wanderten in die USA aus. Wollen Sie, dass wieder Ihre Besten Deutschland den Rücken kehren? Die Elite, die die gesamte Bevölkerung schützen möchte und kann mit dem Fachwissen, das vorliegt, aber nicht gehört wird? Es hilft nichts, das Virus ist da, sie können es weder wegtesten, noch juristisch belangen, noch ignorieren. Die hässliche Fratze wird zeitversetzt zuschlagen. Sie haben eine Alternative zur Fratze: Ihre besten Wissenschaftler*innen, die es besser wissen und ihr Wissen teilen.

Es ist an der Zeit, dass auch unsere Gesellschaft moderner wird und mit der Zeit geht.

Ihre Sabine Breun und Jörg Baumann

SAJO berät rund um Infektionskrankheiten. Wir wenden unser Wissen an, das wir aus der Infektionsforschung über mehr als 20 Jahre international erarbeitet haben. Wir tun, was wir können, um diese Pandemie zu bekämpfen.

SAJO – für eine gesündere Welt und bessere Zukunft!

Blog post No. 173. Unser Blog erfährt eine breite Akzeptanz, was uns sehr erfreut, wir teilen gerne unser Wissen. Einzelne Beiträge und Inhalte werden von zahlreichen anderen übernommen, auch von vielen Medien. Wir haben noch gelernt, wie man richtig zitiert, und es würde uns umgekehrt auch erfreuen. Außerdem: Bitte empfehlen Sie unseren Blog weiter – ein informatives Werkzeug im Kampf gegen Pandemien.

(Hinweis: Wir sind keine Mitglieder politischer Parteien oder Religionsgemeinschaften oder von Vereinen. Unabhängigkeit, Souveränität und Freiheit sind für uns ein wichtiges Gut. Wir beraten auf unserem Blog rein wissenschaftlich, ohne eigene Interessen und ohne Interessenskonflikt, also uneigennützig. Wir werden dafür nicht bezahlt.)

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