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Raketenwissenschaft: Luft zum Atmen

Gute Luft ist möglich, doch vor allem in geschlossenen Räumen verbesserungswürdig.

19. März 2021

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

heute widmen wir uns erneut dem Thema Aerosole und wie man sich davor schützen kann – und auch sollte! Das ist keine „Raketenwissenschaft“.

Hinweis: Sie können den Text und Abbildungen vergrößern oder verkleinern durch STRG+ oder STRG-

Drei Beobachtungen machen wir immer wieder:

Ein Geschäft hängt ein Plakat an den Eingang, das auf die Verpflichtung zum Tragen eines Mund-Nasenschutzes hinweist. Das per se finden wir gut. Doch das Personal trägt keinen Mund-Nasenschutz. Dieser wird erst dann hektisch angelegt (meist nur OP-Masken), wenn Kundschaft eintritt. Solches Verhalten konterkariert alle Maßnahmen zur Eindämmung des Virus. Wenn wir darauf hinweisen, dass diese Personen sich selbst gefährden, dann hören wir, dass „ich auch gerne einmal atme“. Ein positiver Nebeneffekt der FFP2 Masken wird leider nie thematisiert: Wenn ein Geschäft an einer vielbefahrenen Straße liegt, dann ist die Luft, die durch eine FFP2 Maske geatmet wird, viel sauberer als ohne Maske.

Manche Geschäfte haben an der Kasse eine Plexiglas-Scheibe eingerichtet. Das ist ein netter Spuckschutz, doch ein Spuckschutz schützt nicht vor Aerosolen. Wenn die Kassierer*innen keine FFP2-Masken tragen, dann ist das einfach dumm.

Wir meiden solche Einrichtungen und Geschäfte wie der Teufel das Weihwasser.

Ein Querlüften geschieht auch bei Außentemperaturen von über 15 °C nicht. Wo ist das Problem? Auf Nachfrage erhalten wir Antworten, wie „wir haben die Anweisung von oben, einmal pro Stunde fünf Minuten zu lüften“, oder, ein weiterer Klassiker „kurz bevor Sie eingetreten sind, war hier alles offen“.

Was diesen Menschen entgeht ist Folgendes:

SARS-CoV-2 hat leider die lästige und gefährliche Eigenschaft, auch über Aerosole übertragen zu werden. Gerade in geschlossenen Räumen kann dies zu hohen Viruskonzentrationen in der Luft führen. Deshalb sind in einer solchen Situation Abstandhalten und das Tragen von Mund-Nasenschutz nicht ausreichend.

Ein ständiger Luftzug ist absolut notwendig.

Wenn wir Bilder von Schulen oder Großraumbüros sehen, in denen einmal pro Stunde ein Fenster geöffnet wird, dann kommen uns die Tränen.

Zwei Möglichkeiten stehen zur Verfügung: Querlüften, das einen Austausch der Raumluft ermöglicht, oder Lüftungsanlagen, die die gesamte Raumluft mehrmals pro Stunde komplett austauschen. All dies ist möglich. Warum wird das nicht konsequent angewandt? Querlüften ist einfach.

Der Staat fördert die Braunkohle, dieses Geld kann besser investiert werden.

Für alle diejenigen, die gerne mehr über den Vorteil der Raumbelüftung lernen wollen, empfehlen wir folgende Darstellung in der New York Times. Sie zeigt die Ergebnisse einer neuen Studie der Harvard University und ihrer Kooperationspartner. Sehr anschaulich wird hier gezeigt, warum es so wichtig ist, regelmäßig (und auch richtig) zu lüften. Dies sollte vor allem für Lehrer*innen hochinteressant sein, denn immerhin sind sie stundenlang in geschlossenen Räumen mit viel zu vielen Personen zusammengepfercht.

Studie der Harvard University, 3 exemplarische Szenarios werden gezeigt. Ein geöffnetes Fenster verdünnt zwar die Virusmenge, aber nicht stark genug, um zu schützen. Nur ein gerichteter Luftstrom hat einen signifikanten Effekt auf die Virusdichte.

Link: https://www.nytimes.com/interactive/2021/02/26/science/reopen-schools-safety-ventilation.html

Wie sieht es aus, wenn sich in einem geschlossenen Raum eine infizierte Person befindet, die Virus ausatmet?

Abbildung 1: Eine infizierte Person im Raum, Fenster geschlossen. Die Virus-Dichte im Luftstrom ist schattiert gezeigt. Je dunkler der Luftstrom, desto höher ist die Virusdichte.
Abbildung 2: Gleiche Situation wie in Abbildung 1, bildlich anders dargestellt. Die Virusdichte ist auf verschiedenen Ebenen schattiert gezeigt (je dunkler, desto höher ist die Virusdichte).

Diese Darstellungen (Abbildungen 1 und 2) zeigen, dass in einer solchen Situation die kontaminierte Luft dauerhaft im Raum zirkuliert und sich anreichert.

Wie sieht es aus, wenn ein Fenster geöffnet wird?

Abbildung 3: Eine infizierte Person im Raum, ein Fenster offen. Die Virusdichte im Luftstrom ist schattiert gezeigt (je dunkler, desto höher ist die Virusdichte). Das geöffnete Fenster reduziert zwar die Virusdichte, aber ein signifikanter Anteil verbleibt im Raum. Fazit: Das Öffnen eines einzelnen Fensters reicht NICHT aus!

Wie sieht es aus, mit einem Ventilator, der Luft nach innen bläst und einem Luftreiniger im Raum?

Abbildung 4: Eine infizierte Person im Raum, zusätzlich sind ein Luftreiniger und ein Ventilator installiert. Strömungsfluß ist wie oben. Dies zeigt, dass ein Ventilator UNBEDINGT von innen nach außen blasen muss, sonst ist der Strömungsfluß ähnlich wie bei einem geöffneten Fenster. Fazit: NICHT ausreichend!

Fazit: Querlüften ist ein absolutes MUSS, weil es sinnvoll ist, d.h. Fenster vorne und hinten öffnen, damit ein Luftstrom entsteht.

Lüftungsanlagen müssen richtig gebaut und installiert werden, mit einem Luftstrom von innen nach außen.

Das gibt uns die Gelegenheit, darauf hinzuweisen, dass die seriösen amerikanischen Zeitungen und Zeitschriften (u.a. Washington Post, New York Times, The Atlantic) auf ihren online Portalen jeden Artikel, der mit der COVID-19-Pandemie zu tun hat, frei verfügbar machen, ohne Abonnement! Diesen Service für die Allgemeinheit kennen die deutschen Medien leider nicht.

Noch immer wird für ein Face-Shield geworben. Diese Face-Shields sind eine schöne Sache, wenn es darum geht, das Gesicht, und dabei v.a. die Augen vor Spritzern zu schützen. Sie schützen nicht (!) vor Aerosolen und sie schützen vor allem nicht das Gegenüber. Auch beim Tragen dieser Plastikschilde muss eine FFP2-Maske getragen werden. Alles andere ist Augenwischerei.

Die meisten Leute tragen einfache OP-Masken, leider meist falsch aufgesetzt oder über einem Vollbart getragen. Dass die Neuinfektionszahlen bereits kurz nach der Öffnung stark ansteigen, verwundert uns nicht. Wir befinden uns bereits jetzt in einem exponentiellen Wachstum der Neuinfektionszahlen. Letzte Woche hatten wir 70.000 Neuinfektionen, diese Woche werden wir die 90.000 überschreiten.

Bitte informieren Sie sich bei seriösen Quellen (Sie lesen gerade eine). Bitte, lernen Sie dazu, bitte denken Sie daran, dass es nicht nötig ist, all das zu tun, was nicht ausdrücklich verboten ist. Verwenden Sie Ihren gesunden Menschenverstand: Muss ich einen geschlossenen Raum betreten, der voller Menschen ist? Sind das tatsächlich zwei Meter Abstand oder doch nur 50 cm? Kann ich in der Tat nicht atmen, wenn ich einen Mund-Nasenschutz trage? Muss ich unbedingt in die Fußgängerzone gehen, wenn heute erstmals die Geschäfte öffnen? Dies nennt man Prioritäten setzen. Mit etwas Übung geht das sehr leicht.

Die deutsche Wirtschaft jammert seit Monaten. Doch was kann die Wirtschaft ihren Mitarbeiter*innen und ihren Kund*innen zum Schutz vor Infektionen bieten? Saubere Raumluft wäre ein Anfang. Und das ist so einfach.

Ihre Sabine Breun und Jörg Baumann

SAJO berät rund um Infektionskrankheiten. Wir wenden unser Wissen an, das wir aus der Infektionsforschung über mehr als 20 Jahre international erarbeitet haben. Wir tun, was wir können, um diese Pandemie zu bekämpfen.

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AUFRUF: Wir alle benötigen DRINGEND neue antivirale Wirkstoffe, um SARS-CoV-2 mit kommende Mutanten behandeln zu können. SAJO bietet DIE Schlüsseltechnologie an, um das zügig zu ermöglichen. Wenn Sie die Möglichkeit haben, zu investieren, dann machen Sie das bitte, damit wir Antivirals entwickeln können.

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