Liebe Leserinnen und liebe Leser,
Unsere Kollegen in den USA haben letzte Woche darauf hingewiesen, dass in den USA die Influenza-Infektionsrate in der laufenden Saison außergewöhnlich niedrig ist (um den Faktor 50 reduziert gegenüber dem Vorjahr). Dies ging aus der wöchentlichen Meldung der US Centers for Disease Control and Prevention (CDC) hervor. Auch das Europäische Flu News Netzwerk zeigt ungewöhnlich geringe Infektionszahlen, die in den meisten Ländern die zwischensaisonalen Werte nicht überschreiten. Und dem Robert-Koch-Institut wurden in der KW 50 keine Influenza Fälle gemeldet.
Während die Schutzmaßnahmen in verschiedenen Ländern mehr oder weniger diszipliniert umgesetzt werden, wurde erwartet, dass nicht nur SARS-CoV-2 Infektionszahlen, sondern auch Influenza-Infektionen als Begleiterscheinung stark zurückgehen sollten.
Tatsächlich beobachtet man, dass Influenza-Infektionen stark gesunken sind, in allen Ländern. Aber, und das steht im Widerspruch zu den Erwartungen, die SARS-Infektionen steigen stark an, zum Teil explosionsartig.
Für die Influenza-Entwicklung fallen uns vier mögliche Erklärungen ein:
- Vielleicht ist die diesjährige Influenza generell weniger infektiös oder weniger stark krankheitsauslösend. Dies halten wir für unwahrscheinlich, da nicht nur ein einzelner Virus-Stamm zirkuliert, sondern vier oder fünf. Sie werden nicht alle gleichzeitig in ihrer Pathogenität nachlassen.
- Die Influenza-Saison auf der Südhalbkugel war ebenfalls bereits relativ schwach ausgeprägt. Gleichzeitig war der Flugverkehr zwischen Nord- und Südhalbkugel dieses Jahr geringer, aufgrund der SARS-CoV-2 Pandemie. Somit wurde weniger Influenza in den Norden verschleppt. Das könnte die Ausgangszahl verringert haben, jedoch nicht die spätere Verbreitung.
- Die Impfquoten in den USA und Europa sind für Influenza diese Saison höher als in vorangegangenen Jahren. Doch reicht auch diese Quote nicht aus, um Infektionszahlen in dieser Größenordnung zu senken.
- In unserem Blog vom 10. September 2020 hatten wir auf einen möglichen positiven Nebeneffekt der gegen COVID-19 gerichteten Maßnahmen hingewiesen: Dadurch wird auch die Verbreitung weiterer respiratorischer Viren gebremst.
Was heißt das nun für SARS-CoV-2? Leider gibt diese Beobachtung Anlass zur Sorge. Wenn die Maßnahmen die Verbreitung von Influenza bremsen, dann tun sie das, weil sie eine Tröpfcheninfektion verhindern. Influenza wird hauptsächlich auf diesem Wege verbreitet.
Dies hieße im Umkehrschluss, dass ein großer Anteil an SARS-CoV-2 Infektionen durch Aerosole geschieht. Und das in einem Ausmaß, mehr als ursprünglich angenommen, denn sonst hätten die Schutz-Maßnahmen einen stärkeren Einfluss auf das Infektionsgeschehen.
Das würde auch den stetigen Anstieg der SARS-CoV-2 Infektionen pro Woche in Deutschland – trotz mildem Lockdown – erklären, denn öffentliche Verkehrsmittel und die Wirtschaft sind weiterhin offen, bis vor ein paar Tagen waren Geschäfte ebenfalls noch offen, wie auch Schulen und Kindergärten.
Weltweit liegen wir heute bei 76,9 Millionen Infektionen. In Deutschland verzeichnen wir über 1,5 Millionen Infektionen, mit einer wöchentlichen Neuinfektion von 164 152. Die Neuinfektionen pro Woche liegen 4 % höher als zur Vorwoche. Wir haben eine Pandemie von historischem Ausmaß.

Folglich wäre es anzuraten, alle Versammlungen und Feste in geschlossenen Räumen zu unterlassen. Aerosole halten sich sehr lange in geschlossenen Räumen, über Stunden.

Deshalb empfehlen wir: Feiern Sie ausschließlich im kleinsten Kreis, aus nur einem Haushalt! Falls das für Sie und Ihre Familien unmöglich ist, dann verlegen Sie das Fest in den Garten, oder Sie sorgen für regelmäßiges Querlüften und tragen Sie Mund-Nasen-Schutz (FFP2-Masken!). Schränken Sie Kontakte noch mehr ein als sonst. Vermeiden Sie Kurzbesuche zum Weihnachtsfest.
Vermeiden Sie öffentliche Verkehrsmittel und kaufen Sie nur das Nötigste ein, nämlich Lebensmittel und Medikamente.
All das hat massiven Einfluss auf Ihre Festlichkeit, daher wäre eine Absage der Feierlichkeiten doch eigentlich besser. Freuen Sie sich auf das nächste Weihnachtsfest!
Weihnachtsfeste, die in geschlossenen Räumen abgehalten werden, können bei Anwesenheit von nur einer (!) einzigen infizierten Person zum superspreading event werden – trotz Einhaltung von Schutzmaßnahmen. Die aktuellen Maßnahmen bieten keinen 100%igen Schutz vor einer Infektion.
Wir schreiben diesen Blog Post, weil wir nicht möchten, dass Sie ein Weihnachtsfest abhalten, unter Einhaltung aller empfohlenen Schutzmaßnahmen, und am Ende dann doch Infizierte beklagen müssen. Wir wissen nicht, wie man mit solch einer seelischen Last fertig werden kann, die man ein Leben lang zu tragen hat.

Am Wochenende hat uns eine weitere Nachricht aus England erreicht. Es sieht so aus, als ob dort eine neue Mutante von SARS-CoV-2 aufgetreten ist, die möglicherweise infektiöser sein könnte als die bislang kursierenden Varianten. Die Datenlage dazu ist bis jetzt sehr dünn. Lediglich die überraschend schnelle Verbreitung wurde bislang gemessen. Da die Mutante bereits in den Niederlanden und in Dänemark gefunden wurde, dürfte sie längst auch in Deutschland kursieren. Zu Ihrer Information: Es ist eine Frage der Zeit, wann neue Mutationen auftreten, die sich durchsetzen. Je mehr Infektionsfälle es gibt, desto häufiger kommt es zu Mutationen. Und umso größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass auch einmal eine gefährlichere Variante entsteht.
Beide Nachrichten senden ein deutliches Signal: Ab jetzt ist es noch wichtiger, Abstand zu halten, FFP-2 Masken zu tragen, und sich von Ansammlungen fernzuhalten.
Deshalb: Reisen können Sie in Zeiten einer solchen Pandemie NICHT planen. Dies betrifft auch das Jahr 2021, bis ein großer Teil der Bevölkerung geimpft wurde UND Medikamente zur Verfügung stehen.
Wir wünschen Ihnen trotz allem Frohe Weihnachten! Gehen Sie kein Risiko ein und bleiben Sie dadurch gesund!
Ihre Sabine und Jörg


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